„Der Baron, die Juden und die Nazis“ - eine Nachlese

F. N.

Am vergangenen Freitag stellte die Autorin Jutta Ditfurth in der Jugendherberge Windischleuba ihr neues Buch „Der Baron, die Juden und die Nazis“ vor. Geladen hatten die Fraktion DIE LINKE. im Thüringer Landtag, die Rosa-Luxemburg-Stiftung sowie die beiden Landtagsabgeordneten Dr. Birgit Klaubert und Ute Lukasch.

Das Schloss Windischleuba eignete sich in besonderem Maße als Veranstaltungsort, handelte es sich doch um den Stammsitz von Börries Freiherr von Münchhausen (1874‐1945), Urgroßonkel der Autorin und zentrale Figur ihres Buches. Dieser Umstand begünstigte wohl auch das große Interesse an der Veranstaltung, die über 150 Besucher zählte.

Am vergangenen Freitag stellte die Autorin Jutta Ditfurth in der Jugendherberge Windischleuba ihr neues Buch „Der Baron, die Juden und die Nazis“ vor. Geladen hatten die Fraktion DIE LINKE. im Thüringer Landtag, die Rosa-Luxemburg-Stiftung sowie die beiden Landtagsabgeordneten Dr. Birgit Klaubert und Ute Lukasch.
Das Schloss Windischleuba eignete sich in besonderem Maße als Veranstaltungsort, handelte es sich doch um den Stammsitz von Börries Freiherr von Münchhausen (1874‐1945), Urgroßonkel der Autorin und zentrale Figur ihres Buches. Dieser Umstand begünstigte wohl auch das große Interesse an der Veranstaltung, die über 150 Besucher zählte.

 

Die zwischenzeitlichen literarischen Beziehungen, die Münchhausen um 1900 zu dem jüdischen Künstler Ephraim Moses Lilien unterhielt, wurden lange Zeit als ein Beleg für ein freundschaftliches Verhältnis des Freiherrn zu Juden angesehen. Doch Ditfurth musste bereits nach kurzer Recherche feststellen, dass es sich hierbei nur um ein Zwischenspiel handelte.

Durch gute Beziehungen zu Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg wurde Münchhausen im Ersten Weltkrieg Propagandist an den Fronten in Polen, Russland, Griechenland und Frankreich. Seine Bücher erreichten hohe Auflagen. Er wandte sich politisch den völkischen und imperialistischen Alldeutschen zu, die mehr "Lebensraum" für Deutsche forderten.

Nach der Kriegsniederlage war eine typische Äußerung, dass die "internationalen Juden" mit Hilfe der Sozialdemokraten das deutsche Volk "ehr- und wehrlos" gemacht hätten. Der Baron avancierte zum "Rassenideologen" und verantwortlichen Redakteur der rassistischen Zeitung Volk und Rasse. Im Deutschen Adelsblatt, der zentralen Zeitschrift des deutschen Adels, erschien 1925 sein Grundsatztext »Adel und Rasse«: der Sinn des Adels sei die "Menschenzüchtung", die "Reinrassigkeit des Adels" sei die »allerwichtigste Frage" des deutschen Volkes und jeder Tropfen "jüdischen Blutes" genüge, einen ganzen germanischen Stamm zu "bastardisieren". In ihrem Buch belegt Ditfurth umfassend, dass ihr Urgroßonkel mit derartigen Aussagen nicht allein in deutschen Adelskreisen stand, sondern mit breiter Zustimmung rechnen konnte.

Eine der größten Projekte des Dichters und Großgrundbesitzers Börries von Münchhausen war die »Säuberung« der Preußischen Akademie der Künste in Berlin von jüdischen und republikanischen Künstlern. Zugleich organisierte er die völkisch‐antisemitische Fraktion in der deutschen Literatur. Es gab fast keinen einflussreichen Nazi‐Führer, mit dem er nicht freundschaftlich verkehrte. Ob Josef Goebbels (Reichspropagandaminister), Baldur von Schirach (Reichsjugendführer) oder Wilhelm Frick (Reichsinnenminister) – alle liebten seine Gedichte.

Seine Buchauflagen stiegen. Die Hitlerjugend zog über die Lande und schmetterte Münchhausens Balladen. Er verteidigte 1937 das Nazi‐System wütend gegen Emigranten wie Thomas Mann. Ihm schrieb er: »Noch niemals, in keinem anderen Lande und zu keiner anderen Zeit hat eine Regierung in so kurzer und so schwerer Zeit eine solche Fülle von Segen über ein Volk ausgegossen wie das Hitlertum seit seinem Bestehen über Deutschland!« Noch im Kriegsjahr 1940 hielt der 66‐jährige Münchhausen 65 Vorträge. 1944 wurde er auf Hitlers »Gottbegnadeten‐Liste« (»Führerliste«) der für das Regime wichtigsten Schriftsteller aufgenommen. Als sich 1945 die US‐Army Schloss Windischleuba nähert, erschoss sich Börries Freiherr von Münchhausen.

Mit seinen Verstrickungen im NS-System war der Baron jedoch keineswegs ein Einzelfall. Eine Stichprobe unter 312 adligen Familien ergab, dass 3.592 Mitglieder dieser Familien Mitglieder der NDSAP gewesen waren, rund ein Viertel von ihnen schon vor 1933. Dazu kamen die Mitgliedschaften in der SS und anderer NS-Organisationen.

Wie wurde aus dem vermeintlichen Judenfreund Börries von Münchhausen ein glühender Antisemit? Was geschah im deutschen Adel zwischen 1900 und 1933, wann und warum wurde der deutsche Adel mehrheitlich antisemitisch? Davon handelt das Buch.

 

Link zur Synopsis des Buches: