Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus

F. N.

Am 27. Januar 1945 wurde das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau von sowjetischen Truppen befreit. Allein hier fielen 1,5 Millionen Menschen der deutschen Rassenideologie zum Opfer. Seit 1996 ist der 27. Januar in Deutschland offizieller Gedenktag an alle Opfer des Nationalsozialismus.

Am 27. Januar 1945 wurde das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau von sowjetischen Truppen befreit. Allein hier fielen 1,5 Millionen Menschen der deutschen Rassenideologie zum Opfer. Seit 1996 ist der 27. Januar in Deutschland offizieller Gedenktag an alle Opfer des Nationalsozialismus.

Zur zentralen Gedenkfeier des Altenburger Landes in Mumsdorf sprach die Landrätin Michaele Sojka zu den hier versammelten Menschen. Ihre Rede kann weiter unten noch einmal nachgelesen werden. Ute Lukasch (MdL) legte im Namen von DIE LINKE. Altenburger Land einen Kranz am Mahnmal des Ehrenfriedhofes nieder.

Dr. Birgit Klaubert (MdL) nahm an der Gedenkstunde im Thüringer Landtag teil. Hier hielt die ungarische Überlebende des Holocaust, Eva Pusztai, eine beeindruckende Rede. Später versammelten sich die Abgeordneten auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Buchenwald und legten Kränze nieder.

 

Gedenkansprache der Landrätin zur zentralen Gedenkveranstaltung zum Tag der Opfer des Nationalsozialismus

Montag, 27. Januar 2013, 10:30 Uhr, Ehrenfriedhof Mumsdorf

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Golder,
sehr geehrter Ortsteilbürgermeister, lieber Gert Pietzsch,
sehr geehrte Ute Lukasch, Abgeordnete des Thüringer Landtages,
sehr geehrte Bürgermeister, Kreis-, Stadt- und Gemeinderäte,
liebe Bürgerinnen und Bürger,
sehr geehrte Gäste,

ich begrüße Sie alle sehr herzlich hier am Mahnmal auf dem Ehrenfriedhof in Mumsdorf, um gemeinsam der Opfer des Nationalsozialismus zu gedenken.
Danke, dass Sie meiner Einladung gefolgt sind.

Der Nationalsozialismus steht für das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte, in dem auf Grund einer verbrecherischen Ideologie, Menschen um ihre materielle, seelische und physische Existenz gebracht und ihrer Würde beraubt wurden.

Der heutige 27. Januar wurde 1996 auf Initiative des damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog zum offiziellen Gedenktag für alle Opfer des Nationalsozialismus erklärt und im Jahr 2005 durch die Vereinten Nationen zum Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocausts bestimmt.

Aber er ist kein Gedenktag im üblichen Sinn. Er ist ein
„Denk-Tag“ – er soll zum Denken und Nachdenken über die Vergangenheit beitragen und Orientierung für die Zukunft geben.

Am heutigen Tag – dem 27. Januar – jährt sich nunmehr zum 69. Mal die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz durch die Rote Armee.

Auschwitz – das Synonym für den millionenfachen Mord der Nazis an Juden und anderen Volksgruppen; Symbol für menschenverachtende Brutalität und Unmenschlichkeit, für Verfolgung und Unterdrückung. Symbol für staatlich organisierten Völkermord. Für das Schlimmste was Menschen anderen Menschen antun können.

Wir haben uns heute hier versammelt, um all dieser Opfer dieser nationalsozialistischen Ideologie zu gedenken und öffentlich den Toten Ehre zu erweisen. Wir gedenken heute der Millionen und Abermillionen Toten. Dieses Bewusstsein wach zu halten und zu vermitteln ist wichtig und geht uns alle an. Es sollte Tagesaufgabe sein, für jede und jeden von uns.

Letzte Woche haben wir in der Zeitung lesen können, was der Vater eines der NSU-Terroristen über die Entwicklung seines Sohnes sagte. Er, der Vater, habe nicht mitbekommen, wie sein Sohn und dessen Freunde immer mehr Anhänger des Nationalsozialismus wurden. Springerstiefel und Bomberjacke seien ja damals normal gewesen.

Normal also? So normal, wie wenn der Nachbar mal wieder schimpft, dass uns die Ausländer die Arbeitsplätze wegnehmen. Oder wenn der dunkelhäutige Fußballspieler in der Stadionkurve als Bimbo bezeichnet wird? Oder wenn Politiker jetzt Zuwanderer unterscheiden in „nützliche Gäste“ und „Leute, die nur herkommen, um unsere Sozialsysteme auszunutzen“. Alles normal?

Den Opfern des Nationalsozialismus zu gedenken, heißt den Anfängen zu wehren und auch Alltagsrassismus als solchen zu benennen. Wenn Menschen wegen ihrer Herkunft beleidigt werden, wenn sie in nützliche und nicht so nützliche unterschieden werden, dann ist das nicht normal! Es ist Wasser auf die Mühlen der alten und neuen Nazis.

Durch Kriege und Krise in allen Teilen der Welt kommen aktuell wieder so viele Asylsuchende nach Deutschland wie seit Mitte der Neunziger nicht mehr. Es ist unsere Pflicht, den Flüchtlingen Schutz zu geben und ihnen ein menschenwürdiges Leben zu garantieren. Diese Verantwortung haben wir nicht, weil wir das Land sind, in dem der Nationalsozialismus herrschte und aus krankem Rassenwahn heraus Millionen Kinder, Frauen und Männer ermordet wurden. Diese Verantwortung zu helfen, haben wir, weil wir Menschen sind. Menschen, die anderen Menschen nicht tatenlos dabei zuschauen können, wie sie auf der Flucht vor Krieg und Elend im Mittelmeer ertrinken.

Aus der Herrschaft des Nationalsozialismus ergibt sich aber die Pflicht, den Mund aufzumachen, wenn über die Flüchtlinge gesprochen wird, wie über Ungeziefer, das keiner in seiner Nähe haben will. Sicher müssen die Fragen der Unterbringung und Verpflegung geklärt werden und das geht nicht immer mit einem Fingerschnippen. Aber wir dürfen nie vergessen, dass wir über Menschen reden, häufig über Kinder, die traumatische Erlebnisse hinter sich haben. Menschen, die hier bei uns sind, weil es der einzige Ausweg war, den sie noch gesehen haben. Lassen wir es nicht zu, dass gegen die Flüchtlinge Stimmung gemacht wird, nur um auf Stimmenfang bei denen zu gehen, die generell Angst vor allem Fremden haben.

„Alles, was das Böse benötigt, um zu triumphieren, ist das Schweigen der Mehrheit“, so ein Zitat des früheren UN-Generalsekretärs Kofi Annan.

Lassen sie uns nicht schweigen.

Die beste Versicherung gegen Völkerhass, Totalitarismus, Faschismus und Nationalsozialismus ist und bleibt die lebendige Erinnerung an die aktive Auseinandersetzung mit der Geschichte. Deshalb haben wir uns heute hier versammelt.
Die Erinnerung darf nicht enden. Sie muss auch künftige Generationen zur Wachsamkeit mahnen.

Unser Wissen um die Vergangenheit sollte eine Verpflichtung für uns alle sein, die Stimme gegen jegliche Ansätze und Formen von Ausgrenzung, Rassismus oder Fremdenfeindlichkeit zu erheben und danach zu handeln.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und für Ihr Kommen.